NORDHESSISCHE REGIONALAUSWAHL

CHRONIK

Menschenfreund und Brückenbauer

Menschenfreund und Brückenbauer

Herkules-Ehrenpreis posthum an Dr. Walter Lübcke verliehen

Von Rolf Wiesemann

KASSEL. Drei unterschiedliche Laudatoren, aber eine einhellige Meinung. Er war ein  offenherziger, humorvoller Mann. Ein Menschenfreund und Brückenbauer - einer, der trotz seines hohen Staatsamtes immer die Nähe der Bürger suchte und der seine Familie und die nordhessische Heimat stets im Herzen trug.
     Die Rede ist von Dr. Walter Lübcke, dem Kasseler Regierungspräsidenten, der am 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha einem Mordanschlag zum Opfer fiel. Für seine jahrelange Freundschaft und Unterstützung der Nordhessischen Fußball-Regionalauswahl (NRA)wurde Walter Lübcke am 14. Januar 2020 posthum mit dem Herkules-Ehrenpreis ausgezeichnet. Dies ist die höchste Auszeichnung, welche die Hobbykicker aus Politik, Wirtschaft, Sport und Lokalprominenz (Motto: Kicker mit Herz und Verstand) vergeben.
      Aus diesem Anlass hatten sich Ehefrau Irmgard Braun-Lübcke, Sohn Christoph, der amtierende Regierungspräsident Hermann-Josef Klüber sowie der gesamte NRA-Vorstand (mit Auswahl-Gründungsvater Dr. Udo Schlitzberger) und Freunde im Bibliothekszimmer des „Renthof Kassel“ versammelt. „Walter hat sich bei uns immer wohlgefühlt. Er glaubte an die integrative Kraft des Sports. Er war unser Freund, unser Botschafter und Schirmherr“, erklärte Hartmut Schäfer in seiner Laudatio. Der Vereinsvorsitzende schilderte ferner, dass Walter Lübcke als ehemaliger Schiedsrichter und Fußballfan gerade auch nach Spielschluss, in der „dritten Halbzeit“, als humorvoller Unterhalter zu großer Form auflief.  Schäfer: „Unsere Grundsätze waren auch die seinen. Daher sind wir ihm schuldig, genauer hinzusehen, um für die demokratischen Werte einzustehen, die Walter immer verteidigt hat.“
Aus diesem Grund und um die Erinnerung wachzuhalten, soll ab sofort wieder der bereits existierende Walter-Lübcke-Pokal im jährlichen Wettkampf ausgespielt werden.
      Für Hermann-Josef Klüber war sein Amtsvorgänger „einer der idealsten Vorgesetzten, die man sich nur vorstellen kann. Er war nahbar, konnte auf die Menschen zugehen. Er kannte jeden, und man kannte ihn. Ein Teamplayer mit einem großen Netzwerk.“ Für den Regierungspräsidenten war Walter Lübcke ein Menschenfreund mit authentischem Stolz auf die Region und die  Familie. Klüber: „Er hinterlässt ein großes Vermächtnis, die Menschen zu lieben und zu ehren ohne Ansicht von Stand und Bildung sowie die Freiheit und ihre Werte zu verteidigen.“
     Mit viel Empathie erinnerte Rainer Hahne, Freund der Familie Lübcke, mit einigen Geschichtchen an gemeinsame Unternehmungen. Dabei unterstrich eine Anekdote besonders den schlagfertigen Humor seines Freundes. Als Walter Lübcke bei einem Kuraufenthalt von einer Frau um seine private Adresse gebeten wurde, hatte er die passende Antwort parat: „Sie brauchen, wenn Sie mit ihrem Auto durch Hessen fahren, nur mal kräftig aufs Gaspedal drücken. Dann bekommen Sie Post von mir.“ Schließlich ist der Kasseler Regierungspräsident Chef der landesweiten Bußgeldstelle.
     Nach der Preisübergabe bedankte sich Irmgard Braun-Lübcke und bestätigte die enge Bindung ihres Mannes zu den Auswahlkickern. „Walter ist immer gern zu solchen Veranstaltungen gegangen. Immer wenn Nordhessen zusammen kamen, hat er sich gefreut. Es war ein großes Geschenk, was man ihm damit gemacht hat.“
      Christoph Lübcke beschrieb anschaulich, wie nah er seinem ermordeten Vater  verbunden ist. „Ich habe das Gefühl, er begleitet uns. Wir wollen ihn im Herzen tragen, wollen ihn weiter leben lassen. Das gibt uns Kraft, denn wir wollen uns nicht in Trauer vergraben“.
     Wie hart das Schicksal sein kann, wurde zum Abschluss der Veranstaltung noch einmal allen Anwesenden deutlich. „Wir saßen gemütlich auf unserer Terrasse“, so Irmgard Braun-Lübcke, „da sagte Walter zu mir: Wie gut, dass wir hier in Freiheit und Frieden leben und unsere Meinung offen sagen können.“ Genau dafür und an diesem Platz endete später das Leben von Walter Lübcke durch ein hinterhältiges Attentat.

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